Vorbei ist’s mit dem Satz „Second Life ist kein Spiel – es ist eine virtuelle Welt, die alles sein kann, was die Nutzer auf ihr entwickeln.“ Dieser eigentlich hervorragende Plattform-Ansatz der virtuellen Welt aus dem Hause Linden Lab war in den letzten Jahren leider für viele Gelegenheits-Besucher des virtuellen Universums wenig überzeugend. Nutzer erwarteten mehr Anleitung, mehr Kontakte zu anderen Spielern, die sich auf der Vielzahl von „Inseln“ in Second Life praktisch verliefen.
Waren die Pionier-Nutzer beim Aufspüren guter Inhalte sehr stark auf Empfehlungen anderer Avatare und ihre explorative Neugier angewiesen, liefert inzwischen die enorm verbesserte Zugangssoftware Tipps. Der Browser-basierte Client gibt heute viele Anregungen zu interessanten Inhalten im „Reiseführer“ auf der rechten Bildschirmleiste. Jetzt greift die virtuelle Welt den Trend der Casual Games auf und öffnet ihre bisher bezahlenden Premiumnutzern vorbehaltene Spielewelt für alle Nutzer: Die Spielbereiche „Linden Realms“ bestehen aus mehreren Spielsegmenten, die unabhängig voneinander spielbar sind.
Die bunte Mischung aus Rätseln, Spielaufgaben und Schitzeljagd nach Kristallen bezeichnet Linden Lab noch als „game prototype“. Im Spiel gilt es Steinmonstern oder Feuerbällen auszuweichen, um nicht immer wieder zum Startpunkt des Levels teleportiert zu werden. Tipp: Da in den Linden Realms kein Flug erlaubt ist, rate ich jedem Spieler intensiv von der Mauskamera Gebrauch* zu machen, um sich ein Gelände anzuschauen, bevor der eigene Avatar von einem lauernden Steinmonster angefallen wird.
Gegen Online Spiele in HTML5 im Browser oder Facebook-Spielanwendungen hat die 3D-Spielewelt sicher einen schweren Stand. Denn weiterhin muss erst der Second Life-Client installiert sowie die Steuerung in der 3D-Umgebung erlernt werden, um überhaupt in den Spielgenuss zu kommen.
Anregungen, was mit einer virtuellen Welt wie Second Life möglich ist, gibt es zuhauf. Eine Ausstellung kann beispielsweise die Regeln der Schwerkraft ausser Kraft setzen – siehe das aktuelle Projekt „Dislocative Sculptures“ der Medienkünstlerin Tamiko Thiel aus München. Oder wertvolle Ausstellungsobjekte – sonst nur aus der Ferne betrachtbar – können mit dem Avatar aus nächster Nähe begutachtet werden (siehe Tut Anch Amun Ausstellung). Und im Business-Bereich nutzt Cisco ein virtuelles Krankenhaus, das seit 2008 in Second Life die Produkte im Hospital-Einsatz vorstellte – lange vor dem Abschluss der Bauarbeiten.
Was meint ihr zu Linden Realms – hat es eine Chance zu einem gut besuchten Online-Spielplatz zu werden?
* Mauskamera in Second Life: Alt-linke Maustaste gedrückt halten halten und in die Region zoomen, in die der Avatar laufen soll